Freitag, 23. Juli 2010

Meine Fußgängerzone.


Meine Fußgängerzone. Natürlich ist sie nicht meine. Sie gehört meinem Stadtteil. Aber irgendwie ist sie doch meine. Sie ist schraddelig und weitläufig, grau und verbaut, aber dann auch wieder bunt und inspirierend. Zumindest für mich. Und es gibt immer wieder etwas zu erzählen.

Meine Fußgängerzone. Die meisten Leute hetzen nur hindurch und gucken grimmig. Manche schlendern auch, aber immer nur mit der Großfamilie in einer Reihe nebeneinander her, so das man nicht vorbeikommt. Will ich links vorbei, schwenken sie nach links. Will ich rechts vorbei, springt plötzlich noch ein weiteres Kleinkind aus der Reihe hervor und stellt mir unfreiwillig ein Bein. Und immer wollen sie in den selben Bäcker wie ich.

Es gibt so viele Originale in meiner Fußgängerzone. Zum Beispiel den Apotheker, der nie einen Kittel trägt und dir eigentlich auch nichts verkaufen will. Ich versuche ihn immer wieder aus der Reserve zu locken, indem ich in seine Apotheke gehe und frage: „Haben Sie das und das?“ Aber seine Antwort ist immer nur ein schlichtes und unaufgeregtes „Nein.“ Ich warte dann immer ein paar Sekunden, um ihm die Chance zu geben, noch etwas zu sagen. Aber er sagt nichts. Ich muss mich immer sehr zusammenreißen, um nicht sein „Nein“ mit einem fröhlichen „... aber ich bestelle es natürlich gern für Sie!“ zu vervollständigen. Einmal habe ich es doch getan. Ich habe auf sein „Nein“ mit „... aber Sie können es doch sicher für mich bestellen, oder?“ geantwortet. Er guckte tatsächlich ein wenig betreten, sagte dann aber: „Ja.“ Ich wieder: „...und dann kann ich das noch heute Abend abholen?“ Er: „Ja.“ Und dann noch schnell hinterher: „Oder morgen.“ Er tut mir ein bisschen Leid. Darum kaufe ich immer mal wieder eine Kleinigkeit bei ihm. Aber wenn ich Beratung oder etwas mehr Forschheit wünsche, gehe ich doch lieber in eine der gefühlten 14 anderen Apotheken in meiner Fußgängerzone.

Ich mag auch die Damen in meiner Drogerie. Ich komme fast jeden Tag in diesen Laden, aber immer tun die Kassiererinnen so, als würden sie mich als Neukunden begrüßen. Sehr höflich, sehr freundlich und, genau wie mein Apotheker, sehr unaufgeregt. Aber das ist Filialen-abhängig. In meiner Gegend gibt es drei oder vier Filialen dieser Drogeriekette. In der einen sind die jungen Wilden an der Kasse, die immer so wirken, als würden sie ganz schnell fertig arbeiten wollen, um dann schnell eine rauchen oder sich Tabletten einwerfen zu können. Sie schwitzen leicht und stöhnen ob der harten Arbeit, bleiben aber trotzdem immer freundlich und flink. In einer anderen sitzt der übereifrige Azubi, der von seinem Chef stets zu sehr gelobt wird und der natürlich irgendwann seine eigene Filiale übernehmen wird, an der Kasse. Er ist immer übermäßig gut gelaunt. Übermäßig. Ich war schon einmal kurz davor, all meine in den Wagen gelegten Artikel wieder mühsam in die Regale zurück zu sortieren, als ich sah, dass „er“ wieder Dienst hatte. Da es sich aber um ca. 70 Babygläschen, 26 Fruchtriegel und 3 Tonnen Windeln handelte, atmete ich tief durch und stellte alles in Reih und Glied aufs Band. Er fing an zu scannen und rief mir dann munter zu „Laufbandkunst ist vergänglich! Hahahahaha!“

Meine Fußgängerzone. Bunt und inspirierend. Und es gibt immer wieder etwas zu erzählen.